1. Das Glaubensbekenntnis (Kelime-i Tehvid/Schahada)

„Es gibt keinen anderen Gott (Schöpfer) außer Allah (Hak), Mohammed ist sein Prophet und

Ali sein Freund (Gefährte).“ „ Lailahe illallah, Muhammeden Resulullah, Aliyyül Veliyullah,

Vasiyi Resulullah“ Die Kurzformel hiezu lautet: „Ya Allah, Ya Muhammed, Ya Ali.“ In diesem Sinne glauben die Aleviten, an Allah den Schöpfer, Mohammed seinen Propheten und Ali seinen Freund sowie daran, dass Mohammed und Ali zum Lichte Gottes angehören, das die Welt seit ihrer Schöpfung erhellt und von Gott auserwählt sind, genauso wie alle anderen nachfolgenden 11 Imame. 

2. Der Glaube an die heilige Kraft (Nur-i Kadim/Zat-ı Mutlak)

Die Aleviten glauben an eine „heilige Kraft“ des Schöpfers, die vor allem durch Mohammed und Ali, sowie dessen Nachkommen (Seyyidler) bis heute an die Menschen weitergegeben wird. Die „heilige Kraft“ beinhaltet als Gabe Gottes den Verstand, der es ermöglicht, dass die Menschen Gott und seinen Willen erkennen können. Für das Alevitentum ist der Verstand als Mittel zur Gotteserkenntnis die erste und wichtigste Quelle. Es wird sogar davon ausgegangen, dass das Prophetentum und der Koran als unterstützende Beweise des Verstandes dienten. Der 7. Imam Musa-i Kazim sagte: „Gott hat mit seinen Gläubigen zwei Prophetenbeziehungen aufgebaut. Das erste ist die Beziehung durch den Verstand, das allgemein ist. Die zweite Beziehung ist die Beziehung durch die aus den Menschen von ihm erwählten Propheten.“ Der Verstand hat zur Konsequenz, dass jeder Mensch für die Führung seines Lebens verantwortlich ist. Der Mensch kann somit sein Scheitern nicht auf Gottes Willen zurückführen. Daher glauben auch Aleviten daran, dass das Leid durch menschliches Versagen bzw. das kollektive Fehlverhalten der Menschen entsteht. Der Glaube an die „heilige Kraft“ fordert deshalb ein aktives Bemühen um persönliche Vervollkommnung und den Dienst in der Gemeinschaft.

3. Der Glaube an den Weg zur Vervollkommnung des Menschen (İnsan-ı Kamil Olmak)

Die Aleviten schöpfen immer wieder Zuversicht aus dem Glauben daran, dass sie die heilige Kraft in sich haben und dass Gott ihnen die Kraft und den inneren Frieden schenkt, sich auf diesen Weg der Wahrheit zu begeben. Dieser Glaube ist die Quelle der Hoffnung auf Vervollkommnung. Daher glauben Aleviten daran, dass am Ende dieses Prozesses der einzelne Mensch, wenn er seine heilige Kraft wieder entdeckt hat, sich mit Gott wiedervereinigen (Hakkla Hak Olmak) kann. Um dieses Ziel, also die Annäherung an Gott, zu erreichen, ist der Mensch durch die Gabe der Vernunft in der Verantwortung im Laufe seines Lebens, zuerst Gott und dadurch sich zu erkennen und ein moralisches Leben zu führen.  Der Vervollkommnungsprozess ist für die Aleviten eine Folge der Fürsorge Gottes für die Menschen. Gott gibt dem freien Menschen die Möglichkeit, sich ihm sich anzunähern. Demnach spricht man im Alevitentum von der Freiheit des Menschen vor Gott und von einem Verhältnis des Menschen zu Gott, das nicht von der bedingungslosen passiven Unterordnung bestimmt wird.

4. Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele (Canın Ölümsüzlüğü)

Die Seele ist immateriell, denn ihr Nachweis ist nicht an eine sinnliche Wahrnehmung gebunden. Die Seele ist unabhängig vom Körper und kann folglich auch nach dem Tod fortbestehen. Die Seele ist individuell, denn sie lässt sich nicht nur bei jedem einzelnen Menschen nachweisen, sondern macht dessen Selbst und damit dessen Individualität aus. Die Seele markiert den „Anfang“ jedes Menschen, denn sie konstituiert ihn als Person und als denkendes Subjekt. Gleichzeitig ist sie der Träger seiner letzten Bestimmung, weil sie sein eigentliches, unzerstörbares Wesen darstellt. Gelingt es dem Menschen im Laufe seines Lebens, seine rationale Seele durch Erkenntnisse zu vervollkommne, so wird er das Ziel, das dem Menschen zugedacht ist, erreichen. Dann wird ihm nämlich die ewige Glückseligkeit zuteilwerden, als verdienter Lohn für die individuell erbrachten geistigen Anstrengungen.

Die von „Ego, Angst und Besitzgeist gereinigte“ Seele kommt von Gott und kehrt heim zu ihm.  Daher wird der Tod im Alevitentum als „zu Gott gehen (Hakka yürümek)“ bezeichnet.